Der geheimnisvolle Cadagnosee. Mit Mikrobiologe Raffaele Peduzzi unterwegs im aussergewöhnlichen Val Piora.

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Einleitung

Im Val Piora ist alles ein bisschen anders. Das Tessiner Hochtal, das auf 2000 Metern liegt, verfügt über eine aussergewöhnlich grosse Artenvielfalt und mehr als 20 Bergseen – einer davon ist so geheimnisvoll, dass er Forscher aus der ganzen Welt anzieht. Der Mikrobiologe Raffaele Peduzzi erklärt, warum das Val Piora so besonders ist – für Ausflügler und Wanderer genauso wie für Forscher.

Val Piora, Tessin

Das Pioratal liegt ganz im Norden des Tessins, oberhalb von Quinto. Eine Besonderheit des Hochtals ist sein grosser Wasserreichtum.

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Quinto-Lurengo
Tessin
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Die drei grössten Seen: Links der bekannte Ritomsee, rechts vorne der geheimnisvolle Cadagnosee und in der Mitte oberhalb klein der Tomsee.

Ein See, der viele Fragen aufwirft.

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Verdächtig viele Fische.

Im Cadagnosee tummeln sich viel mehr Fische als in anderen Bergseen. Dieser grosse Fischreichtum ist schon seit Jahrhunderten bekannt. Bereits 1903 nahm der Forscher Felix-Ernest Bourcart Proben vom Seegrund. Dabei stellte er fest, dass dieses Wasser von besonders dunkler Farbe ist sowie einen Schwefelgeruch ausströmt und sich stark vom Wasser an der Oberfläche unterscheidet.

Es wäre sehr interessant, an diesem sonderbaren See eingehende Studien durchzuführen.
Felix-Ernest Bourcart, erster Forscher des Cadagnosees, um 1906

Ganz im Element.

Seit rund 40 Jahren erforscht der Mikrobiologe Raffaele Peduzzi aus Airolo das Hochtal. Der Schwerpunkt seiner Forschung liegt auf dem Cadagnosee, der im Alpenraum einzigartig ist. 1994 wurde hier das Zentrum für Alpine Biologie gegründet, um den See und das Hochtal direkt vor Ort untersuchen zu können. 

Raffaele Peduzzi ist Ehrenbürger von Airolo und kam bereits als Kind ins Val Piora.

Ein See mit pinkem Wasser.

In den letzten 100 Jahren ist viel passiert. Raffaele Peduzzi sowie Wissenschaftler aus der Schweiz und dem Ausland haben den Bergsee ausführlich untersucht und spannende Erkenntnisse gewonnen. Der Cadagnosee besteht nämlich aus drei verschiedenen Wasserschichten, die sich nicht mischen. 

Cadagnosee, Wasserprobe_1
Cadagnosee, Illustration Querschnitt

Hier haben Mikroorganismen das Sagen. 

Die untere Schicht wird durch Quellen am Grund des Sees gespeist und mit Salzen aus dem Dolomitgestein angereichert. Dadurch ist sie schwerer und bleibt sauerstofffrei. Die oberste Wasserschicht enthält Granitmineralien und ist sehr sauerstoffreich – ideale Bedingungen für die Fische. Am spannendsten ist aber die mittlere Schicht. Hier lebt ein ganz besonderes Schwefelbakterium auf einer Tiefe zwischen 11 und 13 Metern. Und es ist rosarot!

Der Cadagnosee ist ein seltenes Phänomen, das als Meromixis bezeichnet wird.
Raffaele Peduzzi, Mikrobiologe
Tessin, Sommer, Berg, Tal, Panorama, Wiese, Wald, Bergsee, Blume, Wandern

Die Chemie stimmt auch für Ausflügler.

Doch keine Angst: Auch wer sich nicht für Mikrobiologie interessiert, kommt im Val Piora auf seine Kosten. Die mehr als 20 Bergseen, die sich idyllisch in die Berglandschaft einfügen, machen das Hochtal zum Wanderparadies. Neben dem geheimnisvollen Cadagnosee ist vor allem auch der Ritomsee sehenswert – der Stausee entstand vor über hundert Jahren, weil man Energie für den Bau der Gotthardlinie brauchte. Auf der rechten Seeseite lädt ein Naturlehrpfad die Besucher dazu ein, die Region mit anderen Augen zu erkunden. Auch ein Abstecher hinauf zum kleinen Tomsee ist für aktive Entdecker äusserst empfehlenswert. 

Tessin, Berg, Bergsee
  • 500 Kühe Im Sommer grasen 300 Kühe und 200 Rinder auf der Alp Piora. 
  • 3–4 Std. So lange dauert die Rundwanderung von der Bergstation entlang des Ritomsees zum Cadagnosee und der gleichnamigen Hütte und wieder zurück. 
  • 88 % Steigung Die Ritombahn gehört zu den steilsten Bergbahnen der Welt.
Die geschützte Lage, das Klima und die Geologie ermöglichen die grosse Artenvielfalt hier oben.
Raffaele Peduzzi, Mikrobiologe
Kulinarische Pause gefällig? In der Cadagno-Hütte werden lokale Spezialitäten aufgetischt.

Entdecken macht hungrig. 

Wer nach einem lehrreichen Ausflug oder einer Bergtour eine Stärkung braucht, der kehrt am besten in der gemütlichen Alphütte Cadagno ein. Mit entspanntem Blick auf den Cadagnosee und die vielen zufrieden grasenden Kühe geniesst man hier ausgezeichnete Tessiner Spezialitäten wie hausgemachte Gnocchi oder ein Tessiner Plättli mit Piorakäse und Prosciutto von der Alp. Der Rohschinken Prosciutto crudo Piora verbringt zwei ganze Sommer auf der Alp Piora, wo er dank der frischen Bergluft und den vielen Kräutern sein besonders gutes Aroma annimmt.